Bericht über das Modul „Die benediktinischen Gelübde“

Vom 1.-5. April 2019 fand das Modul „Die benediktinischen Gelübde“ mit Sr. Michaela Puzicha als Referentin in der Erzabtei St. Peter in Salzburg statt. Insgesamt nahmen 16 Frauen und Männer aus 14 verschiedenen Klöstern teil.
Sr. Paula Grastat (Abtei Mariendonk) veröffentlicht hier ihre Notizen von den Erklärungen und Gesprächen über das 58. Kapitel der Benediktregel:
Zusammenfassende Paraphrase:
„Er stelle in Aussicht die Zusicherung seiner Beständigkeit auf dem Weg zu bleiben Mönch zu werden in dieser Gemeinschaft, im monastischem Lebensstil mit Stundengebet, Schriftlesung und Arbeit, mit allen Qualitäten und Lebenserfahrungen die er mitbringt, sodass sein Lebensstil sich in Einklang bringt mit dem monastischen Lebensstil, indem er nicht immer die eigenen Ziele verfolgt, sondern in gelebter, gegenseitiger, freiwilliger Dienstbereitschaft sein Leben so führt, dass es dem Vorbild Christi würdig ist.“

Kapitel 58: Die Ordnung bei der Aufnahme von Brüdern
- „disciplina“: Unterweisung und Formung der Brüder die aufgenommen werden. Die innere Haltung formen, die dem Mönchtum angemessen ist. Es ist eine Bildung im Sinne einer geistlichen, menschlichen Art, sodass ein reifer, selbstständiger Mensch rauskommt. Fertigkeiten erwerben auf diesen Weg der Formung. Bildung einer Persönlichkeit, die der monastischen Lebensweise würdig ist. Es ist ein Weg auf dem ich mich mit voll und ganz und Ernsthaftigkeit einlassen muss.

Vers 7:
- „obprobria“: sich einlassen auf die Normalität des Alltags. Selber dienen, anstatt sich bedienen zulassen. Die innere Einstellung ist da entscheidend. Wie gehe ich mit Herausforderungen um, die ich nicht kenne?
- „ob er wahrhaft Gott sucht“: d.h. auf dem Weg der Beziehung bleiben. Der Sinn des Noviziats ist es die Motivation abzuklären. Kann ich Gott suchen mit den Bedingungen, die vor Ort und in der Gemeinschaft herrschen? Man sucht keine ideale Gemeinschaft oder das Mönchtum, es geht darum, dass ich einen Platz gefunden habe, wo ich diese Gottsuche, diese Beziehung zu Christus leben kann.
Die Regel bleibt und Christus bleibt, alles andere kann sich ändern. Man darf seine Gottsuche nicht abhängig machen, z.B. von der schönen Umgebung, von den guten Gesprächen mit den Mitschwestern oder auch von der Arbeit, die man gerne macht. Man kann z.B. nicht sagen: „Ohne die Arbeit im Schweinestall kann ich meine Gottsuche hier nicht fortsetzen.“
Wen sucht du? Joh 1,38: Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was sucht ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister , wo hältst du dich auf?
Es geht auf diesem Weg nicht darum alles zu finden oder dass ich mit meiner Gottsuche „fertig“ werde, aber ich darf nicht aufhören auf dem Weg der Suche zu gehen.

Vers 10:
- velle (vis): wollen
Die Freiheit der Entscheidung. Nicht weil ich es muss bin ich hier, sondern weil ich es für richtig halte und will!
„Gottes Willen zu tun, will ich“ (Ps 40,9) Es geht um die Klärung des Weges, den ich gehe. Es geht um das Feststellen meiner Fähigkeiten. Ist dieser Weg für mich möglich? Ich muss es nicht nur wollen, sondern auch fähig sein auf dem Weg zu bleiben, auch wenn schwierige Situationen kommen.

Vers 12:
- „Er muss wissen wozu er eingetreten ist.“ Wozu ist er gekommen? -> Um Mönch zu werden! (Vers 1)
Mönch werden ist ein Entwicklungsprozess, geistlich und menschlich, der ein Leben lang dauert.
- „sciat“: ein Wissen, das mir ermöglicht mich selbst kennenzulernen, den Sinn meines Lebens.
Die Herausforderung liegt immer beim Novizen. Ich bin selbst verantwortlich für diese Entscheidung. Ich bin der Handelnde in diesem Kapitel. Es soll dabei ausgeschlossen werden: Die anderen werden schon wissen, was gut für mich ist. Es geht um das Heil dessen, der ich selber bin. Ich muss für mich entscheiden, ob mich dieser Weg zum Heil führt. Es ist aber dennoch eine Entscheidung im Dialog, wie das dreimalige Vorlesen der Regel zeigt, für beide Seiten muss klar sein, ob es der richtige Weg ist oder nicht.
Es ist ein Weg des Alltagslebens. Es geht nicht darum, alles Erforderliche für das monastische Leben schon mitzubringen, sondern ob man gewillt und fähig ist es zu lernen.
Die Konsequenzen für die Entscheidung liegen bei mir, ich kann keinen anderen dafür verantwortlich machen.
Es wäre „Kindergartenverhalten“ zu denken: Der Abt macht das schon für mich, andere entscheiden ja jetzt für mich.
Ich versuche ein Lebenskonzept zu verwirklichen, das auf der Heiligen Schrift basiert: Ist das Kloster dafür der geistliche Raum oder etwas anderes?

Vers 14:
- „habita deliberatione“: mit sich selbst zu Rate gehen
- „deliberatio“: der Novize soll abwiegen, wohin die Waagschale sich bewegt, und das kann ich nur tun, wenn ich weiß, was sich in diesen Waagschalen sich befindet.
- „cuncta-omnia“: beobachten und sich daran halten, ohne Abstriche oder Bedingungen. Verpflichtende Zustimmung zu einem Lebensprogramm mit Einsicht, Verantwortung und Überlegung. Und ich muss bedenken, wo und wem ich dieses Versprechen geben werde.

Vers 16:
- „morosam“: langwierig, bedachtsam, nicht übereilt oder leicht fertig
Ich darf im Blick haben, was für mich sonst noch wichtig und bedeutsam ist, um es dann abzuwiegen.
Das Noviziat ist dafür da Gewissheit zu bekommen. Die eine Entscheidung ist nicht besser oder schlechter als die andere, solange man ernsthaft mit sich selbst zu Rate gegangen ist.
In Freiheit soll man so erzogen werden, dass man am Ende des Noviziats eine gut durchdachte, abgewogene und reife Entscheidung treffen kann.
Die Anweisungen in der Regel gelten dabei nicht nur mir, sondern allen in gleicher Weise. Diese Erwartung darf ich auch an die anderen in der Gemeinschaft stellen, genauso wie sie an mich gestellt werden. Auch alte Männer bleiben Mönche, im Alter ist man von der Regel nicht freigestellt, sie gilt für sie genauso.
Diese Versprechen sind kein Verzicht um jeden Preis, es sind keine zusätzlichen oder speziellen Verpflichtungen. Es geht nicht um einen Zustand, den man irgendwann erreicht, sondern es sind Eigenschaften, die entwickelt werden müssen. Es sind Lernwege.

Vers 17:
- „promittere“: etwas schon voraus schicken, in Aussicht stellen: ich stelle in Aussicht mich daran zu halten; sich bei jmd. zu Tisch anmelden; ich sage etwas zu, das ich auch irgendwann machen muss.
- „stabilitate sua“: die Zusicherung meiner Beständigkeit in dieser Gemeinschaft auf dem Weg zu bleiben.
Wenn etwas in sich stabil ist, kann es auf Veränderungen von außen reagieren und flexibel sein. Man muss reaktionsfähig sein. Der Gegensatz dazu wäre „starr“, denn ich weiß doch schon wie es geht, da brauche ich dem anderen auch nicht zuzuhören.
Die Stabilitas ist ein Bleibenwollen, kein Bleibenmüssen! Wer stabil ist, ist auch belastbar. Es ist ein Überlebenkönnen, trotz veränderter Umstände. Das Prinzip der Stabilitas ist das Bemühen auf dem Weg zu bleiben und sich formen zu lassen, man kommt nur an, wenn man auf diesem Weg geblieben ist.
Benedikt spricht nie von einer stabilitas loci (stabilität des Ortes). Der Zusatz, den Benedikt macht, ist die stabilitas in congregatione (Beständigkeit in Gemeinschaft) in Kap.4,78. Das Treubleiben in der Gemeinschaft, in guten wie in schlechten Tagen.

Con-gre-atio: von „grex“ = Herde. Der Hirte ist immer Christus, auch der Abt ist nur ein Schaf in der Herde. Es ist eine Gemeinschaft, die sich als Herde Christi versteht nach dem Verständnis wie es vom NT her gesehen wurde. (Apg 4,32 Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam.)
Die konkreten Menschen gehören genauso zur stabilitas in congreatione wie die Bedingungen vor Ort.
Im Hintergrund steht bei Benedikt eine Theologie des Bleibens.
Joh 15,4f: Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Wir können die Stabilitas nur Versprechen, weil wir die Zusage von Gott aus haben, dass er bei uns bleibt.
Keine Stabilitas wie sie Benedikt meint, ist das Bild von Lots Frau, die wie eine Salzsäule erstarrt zurückschaut. Auch erst beim Wegsehen vom Grab, sieht Maria Magdalena Jesus.
Zur Stabilitas gehört auch, nicht an allem festhalten zu wollen, man muss auch bereit sein, sich von Sachen trennen zu können. Genauso wie die Älteren die Bereitschaft haben müssen, bei Neuen mitzugehen. Stabilitas ist nicht das starre Festhalten von Altbewährtem, sondern das flexible Sein auf Veränderungen durch die Gemeinschaft.
Die Gegenreaktion von Stabilitas (stabil sein) ist die Flucht vgl. Prolog V. 48: ilico: spontan, ohne Nachzudenken; pavore: ist das Entsetzen, Panik; perterritus: Terror, terrorisieren, besetzt sein: Lass dich von deiner Panik nicht ohne Nachzudenken terrorisieren.
Die Realität, vor der ich fliehen will, die finde ich auch an meinen Fluchtort wieder vor. Der Fluchtort kann auch sehr leicht im Kloster selber sein. Die Nischen des Rückzugs können mich von der Gemeinschaft trennen (innere Kündigung).
Die Arbeit, die sich verselbstständigt (vgl. Kap. 57) ist auch eine Flucht, man definiert sich über seine Arbeit.
Die Stabilitas als Grundhaltung wird vom ersten Tag an von Benedikt trainiert.
Kap. 58,3: „perseveraverit“: Beharrlich auf dem Weg zu bleiben
V. 9: wenn er in Aussicht stellt beharrlich auf dem Weg der Zusicherung seiner Beständigkeit zu bleiben
- „conversatione morum suorum“
- conversatio: Damit war in der frühen Kirche die Bekehrung zum Christentum gemeint. Das Wüstenmönchtum und Benedikt adoptierten das Wort dann für die monastische Lebensführung. Es ist das Verhalten, das jeder an den Tag legt.
Conversatio ist processus (vgl. Prolog V. 49), Mönch werden ist Prozess. Der Prozess steht am Anfang, man muss stetig weiter schreiten, es geht nicht um Fortschritt, sondern um die Bewegung.
Weder Glaube noch Mönchtum ist ein Zustand, sondern ein lebensgestaltender Vorgang.
- “morum“: die Vielfalt der Persönlichkeiten in der Gemeinschaft, die Fülle von Lebensbegabungen, die ein jeder mitbringt. Der Lebensstil, den ich mitbringe, geprägt von dem Leben, das ich mitbringe. Die Qualitäten, die ich mitbringe, egal welcher Art.
- „suorum“: bezieht sich auf meinen Lebensstil und den Prozess der Anpassung. Meinen Lebensstil in Einklang bringen mit dem monastischen Lebensstil. Den Menschen, der ich bin, in Übereinstimmung bringen mit dem Menschen, der ich werden soll.
-> „oboedientiam“: Gehorsam meint kein Kontrollverhalten oder Freiheitsberaubung.
Ge-hor-sam (hören) - ob-oedi-entia (audire)
In der Bibel meint Hören, die Fähigkeit entsprechend den Weisungen Gottes leben zu können. Es ist ein Lernweg, das Hören zu kultivieren und aufeinander zu achten.

Kap. 5,7: „relinquentes“: verlassen (Rückgriff auf die Berufungsworte Jesu und dadurch dann ein Handeln nach der Heiligen Schrift)
„statim“: sofort (gehört auch zu den Berufungsgeschichten) Es ist kein Zeitwort, sondern beschreibt die Bereitschaft der Unmittelbarkeit für das, was Notwendig ist.
„quae sua sunt“: nicht danach trachten, was das Meinige ist, denn nicht das Eigene muss immer Priorität haben (1 Kor 13,5).
Gehorsam heißt, nicht immer nur die eigenen Ziele zu verfolgen. Gehorsam ist der Gegentrend zum Durchsetzen meiner eigenen Interessen. Er soll den Blick auf die Gemeinschaft öffnen.
Kap. 5,13: Christus als das Beispiel den Mönch vor Augen stellen, als Verwirklichung des Wortes Gottes. (Kap. 7,34. Den Herrn imitieren, nachahmen=imitans) Wir sollen so leben, dass wir würdig des Evangeliums leben.
Kap. 5,14: Die Verweigerungstaktik ist auch ganz nah nah am Eigenwillen. (nolle: etw. nicht wollen) responso nolentis: er reagiert mit einer Antwort des Nicht-Wollens, er verweigert sich, er gibt die innerliche Kündigung zu dem Auftrag.
Wie ich mit dem Nicht-Wollen umgehe, ist das Entscheidende, nicht das Nicht-Wollen an sich.
Das Gegenwort zum Gehorsam wäre: taub sein, das verhärtete Herz, Egoismus. Benedikt verwendet als Gegenwort Eigenwille, was aber dass gleiche bedeutet. Der Eigenwille ist der Eigene-Wille. Sich nicht lösen können von dem Blickwinkel auf die Persönlichen Sachen. Nicht mehr den Blick auf das Ganze werfen. Aufhören der Mensch zu werden, als der mich Gott gedacht hat.

Kap. 71: Der gegenseitige Gehorsam ist eine gelebte gegenseitige Solidarität. Es sichert die gegenseitige Dienstbereitschaft und die gegenseitige Rücksichtnahme im ganz normalen Alltag.
Die Freiwilligkeit sich zur Verfügung zu stellen. Es geht nicht um zusätzliche Mehrarbeit, sondern wenn man mal wirklich weniger zu tun hat. Es geht nicht um das Ja-Sagen um jeden Preis, aber wenn ich freie Kapazitäten habe und angefragt werde, muss ich diese auch übernehmen. Wenn ich aber schon vollgepackt bin, habe ich das Recht abzusagen.
Die gegenseitige freiwillige Dienstbereitschaft (invicem: nachbarschaftliches Verhalten) gehört zu reifen Menschen dazu. Sie dient auch zur emotionalen Entlastung eines jeden einzelnen.
Die Bereitschaft ist keine Sache der Reihenfolge (Heute ich. Morgen die andere.) Und von der Nicht-Bereitschaft der anderen muss ich mich nicht anstecken lassen, auch das gehört zur Reife dazu. Diese Bereitschaft darf aber auf der anderen Seite dann nicht ausgenutzt werden.
Auch Gehorsam ist kein Zustand, sondern ein Prozess, es ist ein Lernen des Hörens. Im Gehorsam lernt man die Beziehung zu Christus leben.

Vers 20:
Das Ablegen der Professurkunde auf dem Altar ist dass Übergeben der Urkunde von mir an Christus.

Vers 21:
„Suscipe me“: Kommt aus der alten Tradition, als das Neugeborene auf dem Boden gelegt wurde und nur, wenn der Vater es aufhebt, am Leben blieb (et vivam) und im Elternhaus erzogen wurde.
„Heb mich vom Boden auf und dann lebe ich und du, Christus, wirst mich in meiner Erwartung nicht enttäuschen.“
Die absolute Annahme meiner Person durch Christus. Die Option des Lebens ist Mittelpunkt der Regel und der Profess. Es geht nicht darum einfach nur zu überleben, sondern zum Leben zu kommen.
Das Wort „Domine“ steht nicht im Psalmvers, sondern wurde eingeschoben. Es macht deutlich, dass die Christusbeziehung die Grundlage ist. Es ist ein Leben für Christus, ein Freisein für Christus. Christus ist alles für uns, er ist die Basis auf die Benedikt seine Regel und sein Leben stellt. Die Bindung an Christus ist das Zentrum für Benedikt.

Vers 25:
- potestatem: Macht, selbst Ermächtigung des Lebens (die Vollmacht über mein Leben): Benedikt geht davon aus, dass wir das haben. Diese „potestas“ habe ich ganz positiv in freier Verfügungsgewalt der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt. Es geht nicht darum mich ausnutzen zulassen. Es geht nicht um meinen Leib als solchen, sondern meine ganze Person: meine Zeit, Fähigkeiten, Talente, Hab und Gut, Arbeitskraft, ect.; dies alles stelle ich der Gemeinschaft zur Verfügung.

Bericht über das Modul "Lectio Divina"

(Januar 2019 in Mariendonk)

von Paula Grastat OSB / Mariendonk

Das Noviziatsmodul zur „Lectio Divina“ wurde geleitet von P. Bruno Rieder. Es waren 15 Teilnehmer aus 11 verschiedenen Klöstern.
Die Lerneinheiten bestanden aus Vorträgen und anschließenden Übungen, um das gelernte in der persönlichen Lectio anzuwenden.
Die einzelnen Einheiten unterteilten sich in:

Gott zwischen den Zeilen
Warum lesen wir überhaupt? Lesen der Schrift als Wort Gottes bewässert unser ausgetrocknetes Innere wie eine Quelle. Wir lesen im Buch der Schrift und im Buch der Schüpfung, beide haben den selben Autor und bei beiden sind wir nicht Zuschauer, sondern Mitspieler. Gott sitzt nicht in den Buchstaben oder den Zeilen, sondern dazwischen. Man muss sich der Leere und Stille aussetzen, um in diesen Leerraum Gott zu finden. Lectio Divina ist Grundhaltung und Lebensweise.

Sakrament unserer Freundschaft mit Gott
Die Bibel will als der lebendige Christus gelesen werden, nur dann spricht Christus durch die Schrift zu uns. Durch das Lesen der Schrift lernen wir Gottes Herz kennen und von diesem Herz sollen wir uns umformen lassen. Es sind nicht wir, die etwas aus der Bibel heraus holen, sondern die Schrift bringt Worte in uns hinein und diese Worte verwandeln und befreien.

Jesus als Vor-Leser
In Lk 10,26 fragt Jesus: „Wie liest du in der Schrift?“, in Lk 4,16-21hat er uns gezeigt, wie er in der Schrift liest und was wir daraus lernen können. Das bewusste Aufstehen zur Lesung, sich das Buch reichen lassen. Sich die Schrift von Jesus vorlesen lassen. Das Erfahrene weiterschenken an andere und schauen wo die Lesung heute in unser Leben hinein leuchtet und Christus aufnehmen, denn dadurch gibt er uns die Macht Kinder Gottes zu sein.

Die Heilige Schrift in der RB
Das Möchsleben als Leben aus der Heiligen Schrift. Die RB versteht sich als Auslegung der Schrift, man wird zur Schrift durch die Regel hingeführt. RB: 4,51-54 ist das innere und äußere zur Ruhe kommen, 4,55 ist das hören und 4,56 dann das antworten. RB 48: Von der täglichen Handarbeit. Die von Gott wegführenden Gedanken sollen mit dem Wort Gottes ersetzt werden.

 Die 8. Gebetsweise des hl. Dominikus
Bildmeditation: Mit beiden Händen die Schrift festhalten, immer den lebendigen Christus vor Augen haben, einen eigenen Raum schaffen und die Hindernisse überwinden, bis man zu den Früchten kommt.

 Guigo II: Scala claustralium
Die erste Stufe: Die Lectio ist das Fundament, auf dem man stehen muss. Die zweite Stufe: Die Meditatio nimmt die Details wahr durch Wiederkäuen und beförtert sie bis zu unserem Herzensgrund. Die dritte Stufe: Die Oratio, hier erfleht der Mensch Gottes Gnade und gewinnt die Kraft zu erfüllen, was ihm aufgetragen ist. Die vierte Stufe: Die Contemplatio ist reines Gnadengeschenk, sie berauscht die durstende Seele, wenn wir uns Gottes Wirken ausliefern.

Lectio Divina: Praxis
Widerstände gehören zum geistlichen Leben und auf diese Widerstände muss man überhaupt erstmal aufmerksam werden und sich mit ihnen produktiv auseinander setzen. Am wichtigsten dabei ist nicht auszuweichen, sondern dranbleiben. Lectio Divina ist aktives Lesen, es geht darum den Text zu verinnerlichen.

Bericht über das Modul "Einführung in die Sakramentenlehre"

von Sr.Maria Gratia Waldner / Kloster Säben

Vom 12. – 16. März 2018 fand in der Abtei Mariendonk das 6.Modul der Gemeinsamen Noviziatsausbildung der VBD statt.
Am Nachmittag des 12.3. konnte Sr. Justina Metzdorf im Vortragsraum des Gästetraktes die Referentin Sr.Raphaela Brüggenthies aus der Abtei St. Hildegard/Eibingen und 15 Teilnehmer/innen aus verschiedenen Klöstern (OSB / OCist) des deutschen Sprachraums begrüßen.
Ganz im Sinne unseres hl. Vaters Benedikt (RB Prol. 4) wurde der Kurs mit einer Anrufung des Heiligen Geistes - dem Lied „Komm, Heilger Geist, der Leben schafft“- eröffnet. Es folgte eine kurze Vorstellungsrunde, und -als Einstieg ins Modul- erzählte jeder in der Gruppe von seiner ganz persönlichen Erfahrung mit einem bestimmten Sakrament. Anschließend versammelten wir uns mit den Schwestern der Abtei zum Abendlob in der gelungen-renovierten Klosterkirche. Die gemeinsamen Gottesdienste und das harmonische Chorgebet der Schwestern begleiteten uns auch in den folgenden Tagen und ließen das Gehörte noch besser verinnerlichen.
Sr. Raphaela verstand es, uns das Thema Sakramente auf sehr lebendige und abwechslungsreiche Art und Weise zu erschließen. Besondere Bedeutung kam natürlich den betreffenden Bibelstellen zu. Ihre eigenen Ausführungen ergänzte die Referentin durch Bildmeditationen und Texten, die uns zum Innehalten und Nachdenken anregten; anschließend folgte - einige Male zuerst in Kleingruppen - dann im Plenum ein reger Austausch. Die Einheiten klangen gern mit einem Lied, von Sr. Raphaela am Klavier begleitet, aus.
Inhaltlich wurde die Ausbildung mit einem Überblick über die sieben Sakramente als Zeichen der besonderen Gegenwart und Zuwendung Gottes eröffnet. Ausgehend vom Ursprung in der Heiligen Schrift und den Erläuterungen im Gotteslob zur „Feier der Sakramente“ wurde uns die Begegnung mit Christus, dem Ursakrament, durch das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche, dem Grundsakrament, vor Augen geführt. Die Darstellung „Altar der Sieben Sakramente“ von Rogier van der Weyden zeigt sehr eindrucksvoll die Bedeutung der Sakramente als unsere Begleiter durchs ganze Leben - von der Wiege bis zum Sterbebett.
Erster großer Themenschwerpunkt war dann das Sakrament der Taufe: das Neu-geboren-werden zur besonderen Kindschaft Gottes und dem Auftrag als Christ zu leben. Eingehend beschäftigten wir uns mit den Aussagen des Liedtextes „Fest soll mein Taufbund immer stehn“ und dessen Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte.
Das Bild „Abendmahl“ von Sieger Köder war dann die Überleitung zum nächsten Initiationssakrament, dem Herzstück der Sakramente: die Eucharistie. Ausgangspunkt unserer Betrachtungen waren die Einsetzungsberichte der drei synoptischen Evangelien und weitere Stellen im Neuen Testament (Joh. Brotrede, Einsetzungsbericht nach Paulus im 1. Kor), sowie Auszügen aus dem Katechismus der Katholischen Kirche: Jesus bricht das Brot, das er selbst ist; er ist Priester und Opfer zugleich; Brot und Wein werden zu Leib und Blut Christi – das eucharistische Mahl zur Vergegenwärtigung der Selbsthingabe Jesu. Die Sequenz der Fronleichnamsliturgie „Lauda Sion“ (Thomas v. Aquin) diente zur Vertiefung. Die Kurzgeschichte „Weißer Sonntag“ von Christoph Ransmayr und Gedichte von Andreas Knapp beschlossen diese Einheit.
Am letzten Tag der Ausbildung stand unter dem Motto „Der Name Gottes ist Barmherzigkeit“ zunächst das Sakrament der Buße im Mittelpunkt. Nachdem wir die Bibelstelle „Jesus und die Ehebrecherin“ betrachtet hatten, widmeten wir uns dem Gleichnis vom verlorenen Sohn. Gegenstand der Betrachtung waren hier zwei Bilder der Maler Rembrandt und Slevogt zu diesem Thema. In der Gegenüberstellung waren bei Rembrandt besser die Züge des barmherzigen Vaters zu erkennen, während bei Slevogt die Angst des verlorenen Sohnes im Vordergrund steht.
Anschließend kam die Referentin auf das zweite Sakrament der Tröstung - die Krankensalbung - zu sprechen. Nach der Betrachtung des Psalms 88 „Die Klage eines Kranken und Einsamen“ wurde die geschichtliche Entwicklung des Sakramentes beleuchtet: Die Krankensalbung hatte im Laufe der Geschichte immer mehr den Charakter des Sterbesakramentes erhalten („Letzte Ölung“), erst seit dem II Vatikanischen Konzil wird wieder der heilende, aufrichtende Charakter des Sakramentes betont.
Zum Thema Weihesakrament lasen wir abschließend eine Predigt zu einem goldenen Priesterjubiläum „Jesus als Vordermann“ von Peter Walter. Die sieben Sakramente als Überblick in tabellarischer Form und das Exsultet als Nachtrag zum Modul und als Vorbereitung auf Ostern bildeten den Schluss der Ausbildung.
Auch außerhalb der Unterrichtseinheiten gab es immer wieder Gelegenheit miteinander ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen. Eine besonders schöne Begegnung war die Rekreation am Mittwochabend gemeinsam mit den Schwestern der Abtei Mariendonk: Eine Bildpräsentation unsrer Klöster und Gemeinschaften verschaffte uns neue Einblicke in die Geschichte der verschiedenen Abteien und das Leben unserer Mitbrüder und Mitschwestern.
Dass „ Miteinander auf dem Weg sein“ immer wieder die Bereitschaft zum Loslassen und Abschiednehmen verlangt, mussten wir in diesem Modul schmerzlich erfahren. Seit unserem letzten Zusammentreffen haben sich vier aus unserem Novizenkreis entschlossen den monastischen Weg zu verlassen und „in Freiheit fortzugehen“ (RB Kap.58) . . .wir begleiten sie mit unserem Gebet und wünschen ihnen Gottes Segen für ihre Zukunft!
Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle unserer kompetenten Referentin Sr.Raphaela für die wertvollen Impulse und M. Christiana Reemts und Ihrer Schwesterngemeinschaft für die gute Organisation und die herzliche Gastfreundschaft!

Bericht über das Modul "Einführung in die Theologie der Psalmen"

(September 2018 in Mariendonk)

von Fr. Patrick Hartlieb OSB/ Plankstetten

Vom 10. bis 14. September 2018 trafen sich von insgesamt vierzehn unterschiedlichen Klöstern Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland, der Schweiz und Italien zur Gemeinsamen Noviziatsausbildung der VBD in der Benediktinerinnenabtei Mariendonk am Niederrhein. Erfreulich zu begrüßen war, dass so manch „neues Gesicht“, den Weg nach Mariendonk gefunden hatte. Somit ist zu sehen, dass die Teilnehmerzahl wächst und uns das Gefühl vermittelt, in der Ordenswelt „tut sich etwas“.
Grundwissen der Psalmen

Unsere Referentin Frau Sr. Dr. Justina C. Metzdorf OSB aus der Abtei Mariendonk führte uns durch das Thema der Psalmen. Sie fing an mit der Aufforderung aus dem Brief an die Epheser: Wir sind zum Lobpreis seiner Herrlichkeit bestimmt, wir, die wir schon zuvor unsere Hoffnung auf Christus gesetzt haben (Neue Einheitsübersetzung). Der Gläubige wird mit dem Pauluszitat dazu aufgerufen mit dem Lobpreis, sprich anhand des Psalters Gott zu loben und zu danken. Der Mensch gibt dadurch Antwort auf das Handeln Gottes an den Menschen, das er sich vorher erhofft hatte und IHM immer wieder sein Vertrauen und seine Hoffnung schenken. Interessanterweise kennt die hebräische Sprache für „Loben“ und „Danken“ nur ein gemeinsames Wort. Gott loben und ihm danken geschieht durch das Erzählen seiner Taten.

Die Überlieferung und Übersetzung der Psalmen kennt zwei Traditionen: die griechische Tradition der Septuaginta (LXX) und die hebräische Tradition des masoretischen Textes (MT).
In der griechischen Tradition entstand in der Übersetzung der griechischen Koine* ab ca. 250 v. Chr. und war bis ca. 100 n. Chr. abgeschlossen. Zum Corpus der Heiligen Schrift gehören nicht nur hebräische Texte sondern auch original griechischsprachige Schriften wie Zusätze zu Ester und Daniel, die Bücher Tobit, Judith, 1 und 2 Makkabäer, Jesus Sirach, Weisheit, Baruch, der Brief Jeremias, (deuterokanonisch:) 1 und 2 Esra, (apokryphisch:) 3 und 4 Makkabäer, 3 Esra. Es gibt ca. 2000 Handschriften, die ältesten stammen von ca. 200 v. Chr.; die älteste vollständige Hs ist der Codex Vaticanus aus dem 4. Jhd.
* allgemein gesprochene Sprache (das Griechisch im Mittelmeerraum) vereinfachter Wortschatz (Septuaginta – Neues Testament)
In der hebräischen Tradition zwischen 700 und 1000 n. Chr. vokalisierten jüdische Schriftgelehrte (Masoreten) den hebräischen Konsonantentext, der seit Mitte des 2. Jhd. n. Chr. fixiert wurde (Rabbi Akiba). Die Vokalisierung der hebräischen Sprache machte für uns Menschen heutiger Zeit, überhaupt erst möglich, die hebräische Sprache zu übersetzen. Die Masoreten besaßen am See Genezareth, in Tiberias eine Masoretenschule. Überreste davon sind leider nicht mehr vorhanden. Die älteste vollständige Handschrift ist der Codex Leningradensis aus dem Jahr 1008; der noch ältere Codex Aleppo (920) wurde im Jahr 1947 stark beschädigt.

Zu den bedeuteten Textfunden gehören die Funde in Qumran (3. u. 2. Jhd. v. Chr.). Die Schriften weisen in weiten Teilen eine größere Nähe zu LXX als zu MT auf. Zu den Qumran-Psalmen gehören Ps 151 (LXX) sowie Ps 154 und 155 (syrische Peschitta).

Die beiden Sprachtraditionen unterscheiden sich noch in ihrer Zählweise. Somit kommen beide Überlieferungen auf eine jeweils andere Anordnung des Psalters. Bei der Septuaginta (LXX) besteht sogar ein Psalm 151, der sich aber außerhalb der Zählung befindet.
Aufbau und Struktur des Psalters

Die meisten Psalmen der hebräischen und griechischen Überlieferung tragen Überschriften. Diese können als redaktionelle, spätere Zusätze; können Aufschluss über die theologische Grundidee und den Leitgedanken wiedergeben. Die Überschriften enthalten: (kurze) Verfasserangaben bzw. eine Widmung, musikalische Angaben, längere Situationsbeschreibungen. Außer den beiden ersten Psalmen enthalten nur wenige keine Überschrift. Psalmen, die keinen Verfasser nennen, tragen als Titel „Wallfahrtslied“, „Psalmenlied“ oder „Halleluja“.

Psalmengruppen

Die Psalmen lassen sich in verschiedene Gruppen zusammenfassen:
• nach den Verfasserangaben:
-David-Psalmen
-Asaf-Psalmen
-Korachpsalmen

 

• nach bestimmten inhaltlichen Merkmalen:
-Elohistischer Psalter (MT 42-89): Statt des Gottesnamens JHWH wird elohim verwendet.
-Hallel-Gruppen:

-Ägyptisches Hallel/Pesach-Hallel (Ps 113-118 MT) (Hausliturgie der Juden)
-Großes Hallel (Ps 136 MT)
-Kleines Hallel (Ps 146-150 MT)

Die Einteilung in fünf Bücher

Durch bestimmte Schlussdoxologien werden die Psalmen deutlich in fünf Teile gegliedert. Mit dieser äußeren Struktur korrespondiert eine innere.

Der Midrasch Tehillim (3. – 9. Jhd.) versteht den Psalter als Analogie zur Tora:
„Mose gab den Israeliten die fünf Bücher der Tora, David gab den Israeliten die fünf Bücher der Psalmen.“
Bereits die Kirchenväter setzten sich mit der Frage auseinander, welches theologische Konzept hinter der Anordnung der Psalmen stehe. Origenes (gest. 254) erkennt nicht nur die Doxologien als Gliederungsprinzip, sondern hält daran fest, dass die Reihenfolge der Psalmen keine chronologische ist (vgl. com. Psalm., PG 12, 1073). Gregor v. Nyssa (gest. nach 394) erkennt in der Anordnung der Psalmen einen Aufstieg des Menschen zu Gott, der in fünf Stufen erfolgt.

Der Psalter in Analogie zu den fünf Büchern Mose
Die 150 Psalmen stehen in Analogie zu den fünf Büchern des Mose. Im ersten Buch (Genesis) befinden sich Lieder Davids, des „Patriarchen“ der Psalmen. Folgend im zweiten Buch geht es darum die Zeit der Knechtschaft des Volkes Israel bzw. Israel im Exil. Im dritten Buch finden wir Lieder der Leviten, die während des babylonischen Exils um das zerstörte Heiligtum trauern. Das vierte Buch gibt durch den Propheten Mose, der dem Volk die Hoffnung auf Heimkehr gibt. Im fünften Buch folgt schließlich die Heimkehr aus dem Exil und der Hinaufzug bzw. die Erfüllung nach Jerusalem.

Gattungen der Psalmen

Die Psalmen werden in der Gattungsforschung in verschiedene Psalmengattungen differenziert und in zahlreiche Ober- und Untergattungen aufgefächert. Zu den wichtigsten Gattungen gehören: die Klagepsalmen in Form vom Volk oder als Einzelner. Zweidrittel der 150 Psalmen sind Klagelieder, Bittpsalmen, Lobpsalmen, Dankpsalmen, Zionspsalmen, Königspsalmen, Weisheitspsalmen/Lehrgedichte, Wallfahrtslieder und Bußpsalmen.

Die Erzählung aus dem Buch 2 Chr. 5, 12-14 gibt einen Hinweis, dass die Psalmen in der Liturgie eine Rolle spielten.

Die Psalmen als poetische Texte

Das wichtigste poetische Stilmittel der hebräischen Sprache ist der Parallelismus, ein wiederholender Stil, den man auch in Verbindung mit dem Kreisdenken des Hebräers sehen muss. Die verschieden Arten werden wie folgt unterschieden: Synonymer P., Antithetischer P., Synthetischer (komplementärer) P., Parabolischer P. (Bildhälfte und Sachhälfte), Stufenartiger (klimaktischer, tautologischer, repetierender) Parallelismus. Mit dieser Art werden Gedanken und Inhalte in besonderer Weise zum Ausdruck gebracht. In der Übersetzung gehen diese Stilmittel weitgehend verloren.

Die Psalmen in den Schriften des Neuen Testamentes

Ungefähr ein Drittel aller alttestamentlichen Zitate in den Schriften des Neuen Testamentes stammen aus den Psalmen: Das NT hat 196 Bezüge zu den Psalmen; am zweithäufigsten wird das Buch des Propheten Jesaja zitiert (186 Bezüge). In Qumran wurden einige Schriftrollen gefunden, deren Textfragmente des Psalters den Hauptteil aus (31 Rollen), gefolgt von Deuteronomium (25 Rollen) und Jesaja (18 Rollen).

Auch im NT sind die Psalmen von Beginn an Bestandteil der Liturgie. Jesus singt mit seinen Jüngern beim Letzten Abendmahl das Hallel (Ps 113-118), vgl. Mt 26, 30: Nach dem Lobgesang gingen sie zum Ölberg hinaus. Unter anderem sind die Psalmen fester Bestandteil des urchristlichen Gottesdienstes: (1 Kor. 14, 26), (Eph. 5, 19), (Kol 3, 16).

Die Psalmen als Gebet der Kirche

Die Psalmen als Stimme Christi: Augustinus sagte: Die Psalmen sprechen in dreifacher Hinsicht von Christus:
• in Bezug auf seine Menschwerdung
• in Hinsicht auf seine Gleichgewichtigkeit mit dem Vater
• von den Gliedern der Kirche, dem Leib Christi (vgl. 1 Kor. 12)

Dazu das Zitat: Christus betet für uns als unser Priester, er betet in uns, seinem Leib, als unser Haupt, und er wird von uns angebetet als unser Gott. (…) Wir beten also zu ihm, durch ihn und in ihm. Wir sprechen mit ihm und er mit uns.
Augustinus, en. PS. 85

In den Psalmen wird uns täglich der Spiegel unserer Seele vor Augen geführt und dadurch die Gemütslage, in der wir uns gerade befinden, bewusst. Persönlich finde ich immer wieder faszinierend, das die Psalmen dem Psalmenbeter niemals „eintönig oder ab gespult“ vorkommen, weil wiederum der Beter durch die unterschiedlichen Psalmen, trotz der immerwährenden Wiederholungen, in verschiedene Stimmungen versetzt wird.

Dazu noch ein Zitat: Durch das Meditieren der Psalmen kommt der Mensch zu innerer Ruhe, sein Zorn wird besänftigt, seine Besonderheit gefördert, seine Vergebungsbereitschaft erhöht, seine Freundschaft zu Gott gestärkt; er lernt Langmut, Menschenliebe, Güte, Tapferkeit, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit.

Basilius von Caesarea, Psalmenhomilie 1, 1

Die Psalmen als gesungenes Gebet

Einer der bekanntesten Zitate der Kirchenväter ist wohl in Bezug zum Psalmengesang, die Aussage des Augustinus v. Hippo:

Wer singt, betet doppelt.

Auch der Heilige Benedikt verstand die Haltung beim Psalmengebet bzw. Gottesdienst:

Stehen wir also beim Psalmensingen so, dass unser mens (Verstand, Denken, Verstehen) mit unsrer vox (Stimme) übereinstimmt (concordet).

Benediktsregel 19,7 (Die Haltung beim Gottesdienst)

Nach dem Grundwissen der Psalmen wagten wir uns an die Exegese und betrachteten ausgewählte Psalmen, von denen die zur Auswahl standen.
In den beiden Eröffnungspsalmen des Psalters fiel uns unter anderem auf, der Satz: Und alles was er tut, gelingt. Die Kirchenväter bezogen diesen Satz auf Jesus Christus. Der Mensch kann nicht vollkommen sein (Psalm 1).

Der Psalm 2 möchte die Glaubenden zu Gott bekehren. Die Aussage: Du wirst sie mit einem eisernen Stab weiden, wie das Gefäß eines Töpfers sie zerschmettern. Der Vers zieht sich von der Bedeutung durch die Heilige Schrift (Führt der Erziehung zu Gott hin und Neuschaffung durch Formung).

Zum Abschluss betrachteten wir noch wie viel Weihnachten in einem gregorianischen Choral der Osterliturgie stecken kann. Wir nahmen zum Vergleich das AD MISSAM IN NOCTE aus dem Graduale Romanum und dem Psalm 2 aus dem Stuttgarter Psalter.

Wir bedankten uns bei Sr. Dr. Justina C. Metzdorf OSB für die hervorragende Vorbereitung und Durchführung des Moduls. Am Freitagvormittag fuhren wir wieder wohlbehalten in unsere Klöster zurück und sind schon gespannt auf das nächste Modul in Mariendonk.

Bericht über das Modul "Einführung in das Neue Testament" in Salzburg (Januar 2018)

von Fr. Patrick Hartlieb, Plankstetten

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Von 08.01 bis 12.01.2018 fanden sich im Rahmen der Gemeinsamen Noviziatsausbildung der VBD, elf Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus neun un¬terschiedlichen Klöstern aus Deutschland, der Schweiz und Italien, im Institut für Benediktinische Studien in Salzburg ein.

Nach einer Stärkung durch Kaffee und kleine Snacks und einer kurzen Vorstel¬lungsrunde fingen wir schon bereits mit der Ausbildung an. Unsere Referentin Sr. Dr. Justina Metzdorf OSB aus der Abtei Mariendonk bei Grefrath war einigen Teilnehmern/-innen bereits von vorigen Ausbildungsmodulen bekannt und stellte sich uns nochmals vor. So langsam ergibt sich in der Ausbildungs¬reihe der Gemeinsamen Noviziatsausbildung der VBD ein "engerer Kreis" der Teilnehmenden.

Das erste Ausbildungsthema handelte über die Kanongeschichte des Neuen Testamentes. Im 39. Osterfestbrief des Athanasius von Alexandrien (367) liegt eine Liste vor, in der erstmals alle neutestamentlichen Schriften aufgezählt wer¬den. Im Zuge dieses Thema wurde die Geschichte der Paulusbriefe und Evange¬lien erläutert. Zudem zu Letzt genannten Thema wurden uns die Apokryphen Evangelien erklärt, jene in wahrsten Sinne des Wortes eher im "Verborgenen" behandelt werden und eher nicht so bekannt sind. Sie stammten aus der Zeit der Antike und wurden nicht in den Kanon des Neuen Testamentes aufgenom¬men.

Auf der Zeitschiene des Neuen Testamentes bewegten wir uns ins 2. Jhd. n. Chr. und nahmen die älteste Handschrift des Neuen Testamentes unter die Lupe. Ebenfalls wurde aus dem 4. Jhd. der Codex Sinaiticus von Konstantin von Tisch¬endorff im Jahre 1844 im Katharinenkloster auf dem Sinai entdeckt. Der ge¬nannte Codex enthält das vollständige Neue Testament und große Teile des Al¬ten Testamentes. Nach dem geschichtlichen Teil der Evangelien nahmen wir die Zwei-Quellen-Theorie durch. Genauer betrachtet wurden die drei "Synoptiker" und deren unterschiedlichen Quellen, die sie zur Entstehung ihrer Evangelien verwendet hatten. Da es schriftliche Quellen gab, die sich auf die Aufzeichnung von Worten und Gleichnissen Jesu beschränkten, beweist das apokryphe Tho¬masevangelium. Dabei wurde auf das Sondergut und die Logienquelle (Quelle Q) von Matthäus und Lukas zurückgegriffen. Im Zuge der Evangelien wurden Be¬sonderheiten der drei "Synoptiker" und die Unterschiede zwischen dem Johan¬nesevangelium und den "Synoptikern" erläutert.

Im zweiten großen Teil des Kurses wurden die Briefe des Neuen Testamentes durchgenommen. Zuerst nahmen wir die unterschiedlichen Briefarten, die in der Antike gängig waren, durch. Zudem erfuhren wir mehr über die Beschreibstoffe und Buchform im griechisch-römischen Raum in der Antike. Natürlich behandel¬ten wir ebenso die Briefe des Apostels Paulus und sein Leben. Angefangen mit Paulus und die Apostelgeschichte, in diesen Themen nahmen wir einen genauen Blick auf die Unterschiede der Überlieferungen der beiden Erzählungen. Darüber hinaus lernten wir die vierzehn Briefe des Paulus kennen, wovon aber sieben Briefe als "echte" Paulusbriefe und sieben als "unechte" Paulusbriefe zählen. Be¬sonders interessant war eine literarkritische Analyse eines Briefes, den Zweiten Korintherbrief kennenzulernen. Dabei wird der Brief anhand von Brüchen, Span¬nungen und Ungereimtheiten untersucht. Letztendlich stellt sich dabei heraus, dass der Brief aus sechs verschiedenen Fragmenten zusammengefügt wurde.

Für besonderen Zuspruch und Diskussionsbedarf sorgte der Römerbrief, dessen Inhalt am wenigsten Briefcharakter aufweist, sondern sich mit systematisch the¬ologischen Gedanken befasst. Nach dem Römerbrief wurde eine Auswahl an noch besprechenden Briefen getroffen und wir fassten die Pastoralbriefe zusam¬men.

Die Pastoralbriefe (1. und 2. Tim. u. Tit.) sind im Gegenteil zu den paulinischen Briefen an die Gemeinden, an die "Hirten" gerichtet. Anstatt von Aufzählungen von persönlichen Charismen findet man in den Pastoralbriefen die Aufzählung von institutionalisierten Ämtern. Uns liegt in den Pflichtenspiegeln der Briefe, die erste uns bekannte Kirchenordnung dar. Der unbekannte Verfasser der drei Briefe, ist jedoch überzeugt, im Sinn und in der Autorität des Apostels Paulus zu schreiben und dessen Lehre für seine Zeit verbindlich darzulegen.

Zum Abschluss nahmen wir noch das letzte Buch der Bibel durch. Die Offenba-rung des Johannes hatte es zunächst schwer, aus unterschiedlichen Gründen, in den Kanon der Heiligen Schrift zu gelangen. Dennoch begeisterte uns das Buch und fanden heraus, wie viele Apokalypsen in der alttestamentlichen und frühjü¬dischen Tradition bereits vorhanden waren.

Nach dem Frühstück, am Freitag, den 12.01.2018 fuhren wir wieder in unsere Heimatklöster und trennten uns schweren Herzens. Ein großer Dank und ein herzliches Vergelt´s Gott gilt unserer Referentin Sr. Dr. Justina Metzdorf OSB.